Worin besteht das
Problem beim Aussteigen aus einem
pendelnden Schwebebahnwagen?
Weil die Schwebebahn eine Ein-Schienen-Hängebahn ist, gerät
sie beim Durchfahren von Krümmungen (beispielsweise über dem
Flusslauf der Wupper) ins Pendeln (Schaukeln) - einfach wegen der
Zentrifugalkraft. Auch an den Haltestellen
schaukelt die Bahn dann noch immer, mal stärker, mal weniger
stark. Es
hängt u.a. davon ab, welche Krümmungen (Kurven) der
Haltestelle
vorausgehen und mit welcher Geschwindigkeit die Bahn dort gefahren ist.
Zugegebenermaßen pendelt die Bahn meistens an den Haltestellen
nur schwach, aber gelegentlich auch ziemlich stark, und da liegen die
Probleme.
Das kleinere Problem: Von einem schaukelnden Boden aus auf festen Boden
zu treten, das bedeutet immer eine i.a. geringe Gefahr des Hinfallens.
Diese Gefahr ist nicht sehr groß, aber sie hängt
natürlich stark von dem jeweiligen Fahrgast ab. Wer
körperlich fit ist, fällt sicher weniger leicht hin. Wer
alkoholisiert ist, der ist begreiflicherweise stärker
gefährdet. Wenn ein Fahrgast beim Aussteigen aus der Bahn
hinfällt, so kann der Fahrer dies sehen, weil er ja auf einem
Bildschirm den Bahnsteig beobachten kann.
Das viel größere Problem: Wenn die Bahn stark pendelt und
beim Aussteigen gerade in die ungünstige Richtung, d.h. in
Richtung des Bahnsteigs, schwingt, dann muss der "Ausfallschritt" des
Fahrgasts beim Aussteigen groß genug sein. Sonst schlägt die
Einstiegkante sehr schmerzhaft gegen die Wade. Wenn also beispielsweise
Gehbehinderte nur kleine Schritte machen können, sind sie
stärker gefährdet. Natürlich sind auch Kinder mit kurzen
Beinen stärker gefährdet, und wenn sie noch nicht lesen und
Piktogramme verstehen können, dann müssen wenigstens die
erwachsenen Begleitpersonen hinreichend gewarnt werden. Das Problem
tritt natürlich hauptsächlich bei Gedränge auf, wenn die
Vorausgehenden den Bereich vor der Tür nicht zügig
räumen und eventuell die Nachfolgenden hinter der aussteigenden
Person drängeln. 1995 hat sich ein Fahrgast beim Aussteigen an der
Haltestelle Alter Markt gegen ca.
16.30 Uhr (vermutlich bei starker Frequentierung der Bahn) einen
Achillessehnenriss zugezogen. In der zweiten Instanz wurden vom
Oberlandesgericht Düsseldorf im Jahr 2000 die Stadtwerke dazu
verurteilt, die vollen Behandlungskosten von ca. 60 000 DM an die
Krankenversicherung des Fahrgasts zu zahlen. Die sehr lesenswerte
Urteilsbegründung zeigt, dass das Gericht sich viel Mühe
gegeben hat (auch eine Ortsbesichtigung durchgeführt hat) und das
Problem mit der schaukelnden Schwebebahn sehr gut verstanden hat. Hier
ist ein Link zum Gerichtsurteil
http://www.judicialis.de/Oberlandesgericht-D%C3%BCsseldorf_1-U-256-99_Urteil_11.12.2000.html
Natürlich kann der Fahrer des Schwebebahnwagens solche
Unfälle i.a. gar nicht sehen, weil normalerweise der Fahrgast, der
an der Wade schmerzhaft getroffen ist, nicht stürzt, sondern wohl
meistens einfach weiterhumpelt. Falls der verletzte Fahrgast sich
überhaupt irgendwie beim Fahrer melden will, so ist der Wagen
längst schon weitergefahren. In vielen Fällen wird bei
solchen harmlosen Unfällen der Fahrgast sich gar nicht
ärztlich behandeln lassen. Wenn sich der Fahrgast aber
ärztlich behandeln lässt, so wird sicher oft einfach eine
Behandlung mit Verband und Salben durchgeführt und gar keine
Unfallmeldung des Fahrgasts an seine Krankenkasse gegeben. Damit ist
klar, dass allenfalls ein kleiner Bruchteil der Verletzungsfälle
überhaupt den Stadtwerken bekannt werden kann.
Wenn man also in dem Artikel aus der Westdeutschen Zeitung vom 20.
Januar 2017 lesen kann "Abgesehen davon [ gemeint ist der Unfall von
1995 ] seien aber keine Verletzungsfälle bekannt" (als
Äußerung des Stadtwerke-Sprechers Holger Stephan), dann ist
darauf nicht viel zu geben. Vor allem muss ja auch berücksichtigt
werden, dass es vielleicht gerade wegen der sehr deutlichen und
auffälligen Warnschilder der Größe 42 mal 30 Zentimeter
in den alten Wagen weniger Verletzungen gegeben hat. Aber in den neuen
Wagen gibt es ja leider keine wirklich auffälligen Warnhinweise
mehr, sondern nur noch ein winziges 5-mal-5-Zentimeter-Piktogramm, bei
dem der Erklärungstext "Wagen pendelt" die Schriftgröße
3 Millimeter hat.
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